Jost Braun: Illustrative Graphik von Sabine Nier und Maryna Zhdanko
Die Globus Galerie präsentiert vom 14.05. bis zum 31.08.2012 in der Leipziger Galerie Stadtvilla, Lassallestraße 22, eine Auswahl beispielhafter Werke der Künstlerinnen Sabine Nier und Marina Zhdanko.
Aus verschiedenem Umfeld kommend und mit jeweils eigenem, unverwechselbarem Temperament ausgestattet, haben beide Künstlerinnen einen ähnlichen gestalterischen Ansatz: sie wollen uns auf humorvolle Weise sehr viel erzählen und das können und machen sie sehr gut.
Das besondere der Auswahl mit oder ohne direkten Bezug zur Literatur ist das illustrative Element in den ästhetisch ausgewogenen und handwerklich perfekten Werken.
Immer sind die Arbeiten zeichnerisch beziehungsweise graphisch determiniert - ein Grundprinzip, welches auch für die meisten anderen Künstler der Globus Galerie gilt - es gibt nichts Vages, nichts Unbestimmtes, nichts Belangloses, der Reiz und die Kraft der Bildwerke kommen aus den Beziehungen zwischen Linie und Fläche, welche Raum und Bewegung oder auch Ruhe suggerieren und das Format auf spannungsvolle Weise beherrschen.
Sabine Nier zeigt dabei eine eher angenehm bodenständige, über das Handwerk beeinflusste Art, mit ihrem "Material“ umzugehen. Sie verbindet also auf herzhaft-selbstverständliche Weise das erlernte Tischlerhandwerk, die studierte Holzgestaltung und eine sympathisch-unbekümmerte Phantasie für ihre künstlerischen Produkte.
Naheliegend ist es, sogleich an den Holzschnitt als vielfältige künstlerische Technik zu denken. Die Künstlerin nutzt das Holz für ihre Bildfindungen - für Illustrationen, Mappenwerke, Kalenderblätter, freie graphische Arbeiten. Oft sind es mehrfarbige Drucke, darunter auch Ergebnisse, die im Verfahren des "verlorenen Holzschnittes“ entstehen. Charakteristisch sind klare Formen und sparsamer Einsatz der Farben, beschwingte Motive mit poesievoll-hintersinnigen Titeln.
Was liegt für einen auch konstruktiv-praktisch denkenden Macher mit handwerklichem Gespür aber näher, als die schönen Druckstöcke, also die "beschnittenen“ und im Laufe des Druckens der Graphiken mit diversen Farben veränderten Holzplatten auch noch für andere sinnvolle Erfindungen zu verwenden - zum Beispiel für den Möbelbau - oder gar auf die Idee zu kommen, die Holzschnitt-Technik ohne erstes Ziel der Graphikedition sofort und allein als Mittel zur Oberflächengestaltung von Bücherschränken, Bänken, Kommoden und Kisten zu nutzen.
Gebrauchsgegenstände in schlichter, funktionaler Konstruktion erhalten farbige Reliefoberflächen in graphischer Anmutung. Die Gesamtansicht des Möbelstücks wirkt immer auch wie die Komposition eines "normalen“ Holzschnittes mit den Beziehungen zwischen Fläche und Linie, Farbe und Struktur, Form und Format, mit der Ausgewogenheit von "bezeichneten“ und freien Zonen. Hinzu kommt der Reiz einer möglichen Teilung, Verschiebung oder Veränderung der immer gegenständlichen Motive bei der Benutzung: beim Öffnen von Schranktüren, Herausziehen einer Schublade, Besetzen einer Bank.
Maryna Zhdanko ist eher die fabulierende Zeichnerin. Sie spielt virtuos mit einem reichhaltigen Fundus an Erfahrungen und Beobachtungen, den sie mit intellektueller Phantasie, lebenskluger Freundlichkeit und überwältigender Erzählfreude für ihre Buchillustrationen, für freie Graphiken und andere Arbeiten nutzt.
Selbstbewußt und zielstrebig hat sie ihren Weg von der kunstinteressierten Lehramtststudendin über ein Praktikum in der Globus Galerie, einige Semester an der Burg Giebichenstein in Halle und danach an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, ein Erasmussemester im Vereinigten Königreich und das Diplom 2009 in Leipzig zu einer gefragten Illustratorin und Graphik-Designerin beschritten. Beispielweise arbeitete Maryna Zhdanko auch für einige Zeit, von 2008 bis 2011, mit dem Schweizer Grafikdesignbüro Integral von Ruedi Baur zusammen. Seit 2011 ist sie Meisterschülerin an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig.
Mit einem interessanten Auftragswerk machte Maryna Zhdanko erst kürzlich nicht nur in der Schweiz auf sich aufmerksam: mit illustrativen Wandzeichnungen, in riesigen Dimensionen auf den inneren Wänden des Universitäts-Kinderspitals beider Basel UKBB; Bilder, auf denen sehr viel, sehr originell, außerordentlich detailreich, manchmal mit feiner Ironie und immer sehr liebenswert auf die Sinne eingegangen wird: Riechen, Schmecken, Fühlen, Hören, Sehen. Mit im gegenwärtigen Alltag erlebten, mit erfundenen und überhöhten Szenen, auf spannende Weise dramaturgisch zusammengefügt, wird der Betrachter gefangen und beeindruckt. Die Patienten, die Besucher und Mitarbeiter können nun auf den 5 Etagen des Krankenhauses stundenlang Entdeckungen machen. Wir finden also illustrative Erzählungen Maryna Zhdankos auf Wänden eines Neubaus in Basel. In der Ausstellung der Globus Galerie finden wir einige dieser spannenden Motive nun auch auf Originalgraphiken. Zudem wird beispielhaft für die Arbeitsweise von Maryna Zhdanko ein Teil ihrer Diplomarbeit von 2009, und zwar Original-Illustrationen für das Buch "My Family and other Animals“ vorgestellt.
Da die beiden Autorinnen der vorgestellten Werke gerade erst im März 2012 auf der 21. Internationalen Ausstellung für Künstlerbücher und Handpressendrucke (21. IAKH) innerhalb der Leipziger Buchmesse mit Sonderausstellungen vertreten waren, gibt es über Maryna Zhdanko und Sabine Nier jeweils einen interessanten Text in der aktuellen 21. Jahresschrift für Künstlerbücher und Handpressendrucke und beide haben jeweils auch eine signierte Originalgraphik für diese Edition beigesteuert - Sabine Nier einen farbigen Holzschnitt und Maryna Zhdanko einen Siebdruck in edlem Silbergrau (21. Jahresschrift für Künstlerbücher und Handpressendrucke).
14.05.2012 - 31.08.2012
Illustrative Graphik auf Wänden, Möbeln und auf Papier
Maryna Zhdanko: Graphik, Illustration / Sabine Nier: Holzschnitt, Möbel
Galerie Stadtvilla, Ferdinand-Lassalle-Straße 22, Leipzig
Mo - Do 10 - 20 Uhr, Fr 10 - 18 Uhr
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