GLOBUS GALERIE -Dependance im Europa-Haus Leipzig, Katharinenstraße 11

22.02.-07.05.99
Roger Troks (Leipzig): Graphik und Buch
Sonderausstellung zur 8. INTERNATIONALEN AUSTELLUNG FÜR KÜNSTLERBÜCHER UND HANDPRESSENDRUCKE (IAKH)

Raban Ruddigkeit:
MACHT. NICHTS. ROGER TROKS MALT, ZEICHNET UND SCHREIBT. DAS IST SEIN HOBBY.

Denn Roger Troks geht arbeiten. Jeden Werktag steht er von 8 bis 16 Uhr in einer Betriebsdruckerei in Leipzig an der Maschine - und das freiwillig. Jeder Gedanke an eine freie Betätigung als Künstler oder in einem anderen modernen Medienbetrieb Beschäftigter ängstigt ihn. So verdient er wenig Geld, aber regelmäßig. Seine Arbeit ist seine Sicherheit.

Das ist dann aber auch schon alles, was es an Sicherheit gibt. Nebenher beschäftigt sich Roger Troks seit vielen Jahren mit unterschiedlichen Projekten. Sei es als Musiker, Illustrator oder Schreiber. Immer hat er sich, abgesichert durch seinen Beruf, eine Konsequenz bewahren können, die es ihm einfach egal sein läßt, ob er mit seinen Arbeiten Erfolg hat, modern ist oder wenigstens gefällt. Das Publikum ist ihm auf angenehme Weise unwichtig geblieben und die Verlockung der Märkte fremd. Immer bleibt er dabei auf eine authentische Art naiv, zeit- und schwerelos. Die hier vorgestellten Bücher sind nur die Spitze eines Geröllhaufens von Texten, Collagen, Installationen und Graphiken, die Roger Troks ständig herstellt, erfindet, sammelt und, zumindest in den meisten Fällen, für sich behält. Zwischen Poesie und Jähzorn, Kalauer und abgründiger Melancholie entstehen laufend neue Arbeiten, die mittlerweile hin und wieder in Galerien vorgestellt oder in relativ kleinen Auflagen von ihm selbst publiziert werden.

Autodidaktisch an künstlerische Prozesse angenähert hat sich Roger Troks, als er mit 20 Jahren Plattenhüllen für imaginäre Bands gestaltete. Damals schrieb er die Texte, malte die Illustrationen und erfand die Namen der Bandmitglieder. Daran hat sich bis heute kaum etwas geändert. Seine Wohnungseinrichtung, einen Brief oder ein Bild geht er seitdem mit derselben inneren Einstellung an: wenig Oberfläche, seltsame Inhalte, wechselhaft umgesetzt. Zu Beginn unseres Jahrhunderts hätte er wohl am besten zu den Berliner Dadaisten gepaßt, falls ihn Künstlergruppen interessieren würden. So sitzt er in Leipzig-Connewitz und arrangiert da weiter, wo die mittlerweile eingeschlafene skurrile Fraktion der Leipziger Schule in den achtziger Jahren aufgehört hat. An kleinen Festen und großen Büchern, am kurzen Gedanken und langen Ausschweifungen. Das alles klingt sehr unspektakulär und nicht zeitgemäß. So ist es auch und damit die Unsicherheit, das Risiko, das sich Roger Troks leistet. Er tut tatsächlich das, was ihm gefällt, unbeschadet von den Ansprüchen anderer.

So präsentierte er jüngst riesige Transparente in einer Ausstellung, auf denen "Halts Maul du Sau!", "Verrecke!" oder "Wie heißt das Zauberwort?" geschrieben stand. Auf einer königlichen Fahne war das Wort "Macht" zu lesen, auf der Rückseite "Nichts". Diese eher rauhen Statements bilden einen Kontrast zu den filigranen, fast schon femininen Linolschnitten, die er im nächsten Moment macht. Und doch gehört beides zusammen und macht die Sachen unerkennbar, unberechenbar. In den unzähligen Texten entdeckt man einen Beobachter, der feinfühlig oder unsentimental, moralisch oder absurd Zustände einfängt. Nicht mehr und nie weniger. Fern von jedem schriftstellerischen Dünkel gelingen ihm dabei ebenso handfeste wie überraschende Kompositionen. Manchmal reimt sich das und manchmal eben nicht.

Die vorliegenden Arbeiten vom "Mond der ein räudiger Hund war" und das aktuelle "Stolen Moments" reihen sich in eine Kette von Subtilem und ebenso klassisch Gemachtem ein. Text und Bild stammen aus einer Hand, die bibliophile Aufmachung ebenfalls. Die Kleinode geben weder vor, künstlerisch gehaltvoll oder gar marktgerecht zu sein - macht sie das zu diesen zeitlosen Vergnüglichkeiten? Linolschnitt und Maschinenoffset, Siebdruck und Computersatz werden ebenso schamlos gemischt wie Ernst und Unsinn. Das ist kein Prinzip, aber auch kein Zufall. Wenn Sie ein Konzept suchen, bemühen Sie sich bitte woanders. Roger Troks Kunst ist so anstrengend wie ein Blumenstrauß. Riechen Sie, schauen Sie und werden Sie ein wenig traurig. Oder glücklich.

 

zurück zur Titelseite