Deutsches Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Bücherei Leipzig

Andreas Dress / Claus Weidensdorfer. Hick-Hack zu zwei rechten Händen. Das Gemeinschaftswerk 1982-1998.

(Eine Gemeinschaftsausstellung der Globus Galerie und des Deutschen Buch- und Schriftmuseums Leipzig)

 

Protokoll der einführenden Worte von Jost Braun zur Ausstellungseröffnung am 27.04.1998:

Es ist mir eine besondere Freude, Sie heute zu einer Ausstellungseröffnung begrüßen zu können, welche schon lange von der Globus Galerie geplant war und nun endlich in angenehmer und konstruktiver Zusammenarbeit mit dem Deutschen Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Bücherei Leipzig zustandegekommen ist.

Ganz besonders danke ich Frau Hannelore Schneiderheinze sowie Herrn Poethe für Ihr spezielles Engagement für eine Präsentation, die diesen besonderen, für die Pflege und Weiterentwicklung Leipziger Buchkunst-Traditionen bedeutsamen Ort zweifelsfrei genauso verdient hat wie die Aufmerksamkeit und Neugier des Publikums.

Selbstverständlich danke ich nicht zuletzt den Hauptpersonen des heutigen Abends, den beiden Künstlern Claus Weidensdorfer und Andreas Dress, für Ihre Mitarbeit und die freundliche Bereitschaft, ihre Werke hier in Leipzig in diesem Hause den Besuchern vorzustellen.

Andreas Dress und Claus Weidensdorfer sind keine unbekannten Namen in der deutschen Kunstlandschaft. Aber nur wenigen Kennern dürfte tatsächlich bekannt sein, daß die beiden Künstler neben der Arbeit an ihrem Personaloevre schon seit längerer Zeit auch immer wieder gemeinsame Sache machen.

Anlaß für die Idee und schließlich für die Vorbereitungen zu dieser Ausstellung war ein originalgraphisches Künstlerbuch von Weidensdorfer und Dress, welches - kaum hielt ich es in Händen - mein volles Interesse und meine ganze Zuneigung erfuhr. Aber nicht nur dem Freund und Galeristen erging es so. Der "Hausschatz" befindet sich heute in einer Reihe wichtiger öffentlicher wie auch privater Sammlungen, darunter auch in diesem Hause. Von einer Präsentation auf der 5. Internationalen Ausstellung für Künstlerbücher und Handpressendrucke Leipzig 1996 ging es sogleich in den Besitz des Deutschen Buch- und Schriftmuseums über, auf einer der letzten Leipziger Bildermessen fand es überraschend spontan einen privaten Liebhaber ... Die magische Wirkung, welche von diesem Buch ausging, hat bis heute angehalten - nicht zuletzt deshalb, da es im Laufe der Monate und Jahre immer neue Gestalt annimmt.

"Ein Deutscher Hausschatz", ein in neunzehn Platten radiertes, gemeinsames Meisterstück des Künstlerduos Andreas Dress und Claus Weidensdorfer verbindet figurative Darstellungen und eigene Texte auf zum Teil farbig übermalten Einzelbildern, welchen zunächst nur die unberührten Rückseiten der jeweiligen Vorblätter gegenüberstehen. Text und Bild als geschlossene graphische Erscheinung bestimmen in aufeinanderfolgenden Kapiteln den Charakter des Buches, das als herrlich amüsante, kräftig-deftige Märchenverballhornung einherkommt, mit sichtlichem Vergnügen an den elementaren Dingen des Lebens, am Wortwitz und an virtuoser Zeichenkunst. Im Gegensatz zu einer Gegenüberstellung von reinen Text- und Bildabschnitten im Sinne traditionell-konservativer Buchgestaltung werden lesbare, in die Druckplatte geschriebene und später mit Bleistift, Pinsel oder Feder ergänzte Textfelder künstlerisch individuell als notwendige Informationselemente mit skripturalen Passagen und reinen Bildflächen zu einem Künstlerbuch par excellence verwoben und jedes der sechzehn Hausschatz-Exemplare als unverwechselbares und eigenständiges Unikat zur Welt gebracht.

Im Laufe des gemeinsamen Handelns verdichten sich die Gestaltungen. Übermalungen, neue, handschriftlich aufgetragene Texte und Zeichnungen belegen freie Flächen, besiedeln die dünnen Seidenpapiere, bemächtigen sich der Buchdeckel, überlagern zärtlich oder mit überzeugender Gewalt die Radierungen. Immer freier komponiert, köstlicher und reicher gefüllt sind die Buchseiten, je weniger Exemplare noch zur Verfügung stehen.

Das ist ein guter Zeitpunkt, Ergebnisse zu dokumentieren und auch das Vorfeld der gemeinsamen Arbeit, welches bis 1982 zurückreicht, näher zu betrachten. Dem "Deutschen Hausschatz" vorangestellt sind deshalb zwei wichtige und gleichsam bemerkenswerte Gemeinschaftsprojekte der beiden gestandenen und auch als Solisten erfolgreichen Künstler, welche ohne Zweifel ihre heutigen, souveränen Ausflüge in gemeinsames Territorium wesentlich begünstigt haben.

So arbeiteten Dress und Weidensdorfer bereits 1982 in einer Dresdner Graphikwerkstatt, um etwa 50 gemeinsame Blätter entstehen zu lassen, welche schließlich in der Neuen Dresdner Galerie präsentiert wurden. 1986 wurde in den Räumen der Galerie Mitte in Dresden zusammen mit der Bildhauerin Thea Richter eine Installation unter dem Titel "Struktur-Figur-Raum" aufgebaut.

Unsere Ausstellung beleuchtet erstmals umfassend diese drei benannten Gemeinschaftsprojekte und stellt gleichsam als Apperitiv und Einstieg in eine einzigartig-verführerische Kunst-Welt Einzelarbeiten der beiden Künstler vor.

Ein von mir in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Buch- und Schriftmuseum herausgegebener, sehr informativer Katalog zum Gemeinschaftswerk von Andreas Dress und Claus Weidensdorfer mit vielen Farb- und Schwarz-Weiß-Abbildungen, mit zahlreichen Aufsätzen, Essays und Rezensionen interessanter Autoren und mit einem Ausstellungsverzeichnis wird in den nächsten Tagen erscheinen und ich empfehle Ihnen sehr, sich ein Exemplar zu sichern.

 

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